Wand im Salon mit Schriftzug des Salons

Community-Outreach – Mehr als ein Marketinginstrument

„Wer ist (nicht) Teil der Strukturen dieser Institution?“ Diese diversitätsorientierte Frage wird derzeit in vielen Kulturinstitutionen ausverhandelt und war 2023 in der Bundeskunsthalle sogar auch in einer Arbeit der Künstlerin Lerato Shadi in die Wand eingemeißelt. Die Arbeit wurde im Rahmen der Ausstellung Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland gezeigt. Mit dem Community-Outreach-Projekt „Diversity Umbrella“ wandte sich die Bundeskunsthalle neuen Besucher*innengruppen zu. Outreach, zu Deutsch Reichweite, beschreibt die Bemühungen (kultureller) Institutionen, proaktiv auf neue Gruppen zuzugehen, mehr über sie zu erfahren und sie aktiv in die eigenen Strukturen einzubinden. Wo gibt es Barrieren in Programm, (An-)Sprache und Struktur? Wie lassen sich diese nachhaltig abbauen? Das Projekt verfolgte die wechselseitige Lernbeziehung zwischen Öffentlichkeit und Kultureinrichtung, in der das Ausstellungshaus in die Stadtgesellschaft und die Stadtgesellschaft in das Ausstellungshaus hineinwirkt. Erfahrungsschätze beider Seiten werden ausgetauscht. Finanziert aus einem Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus (KabARex) der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, wandte sich der Salon 53177 als Community Outreach-Projekt ganz explizit auch an migrantische Communities sowie an Nicht-Besucher*innen. Als Satellit des Haupthauses stand der ca. fünf Kilometer weit entfernte Salon 53177 besonders Menschen offen, die bisher nicht zu den Besucher*innengruppen des Hauses gehören. Der Projektraum war dienstags bis samstags von 11 bis 19 Uhr geöffnet. In dieser Zeit stand Empfangspersonal – sogenannte  Hosts – und Projektpersonal den Besucher*innen für Fragen, Ideen und Anregungen zur Verfügung.

Mit dem Projekt wollte sich die Bundeskunsthalle nicht nur als Senderin, sondern auch als Empfängerin begreifen und sich institutionell öffnen – ein Prozess, der in Zukunft im Salon der Bundeskunsthalle weiterverfolgt und verstetigt werden soll. Der vom Büro chmara.rosinke/OFIS gestaltete Raum lädt zum Verweilen ein und steht allen offen – Besucher*innen wie Nachbar*innen, Vereinen wie Kolleg*innen. Der Aufenthalt ist kostenfrei. Aktuelle Tageszeitungen und Bücher aus der Bibliothek ergänzen die Ausstattung des Raumes. Die Zeit im Salon kann nach den eigenen Wünschen frei gestaltet werden. Geöffnet ist der Raum dienstags bis freitags sowie am Sonntag jeweils von 12 bis 17 Uhr. Ansprechpartner ist Christian Cramer (salon@bundeskunsthalle.de / 0228 9171 268).

Die Genese

Zunächst baute die Bundeskunsthalle im Rahmen des Projekts den Salon 53177 im Bonner Stadtteil Bad Godesberg auf, um mehr über diejenigen zu erfahren, die noch nicht zu den regelmäßigen Besucher*innen des Hauses gehören. Ein ca. 100 m2 großes Ladenlokal wurde angemietet und durch das Designbüro please don’t touch (Dortmund) umgestaltet. Ziel war es, einen offenen und einladenden Workshop- und Veranstaltungsraum zu initiieren, der allen Bad Godesberger*innen und Bonner*innen offensteht. In eineinhalb Jahren fanden im Salon 53177 über 350 verschiedene Veranstaltungen, Aktionen und Workshops statt – von klassischen kulturellen Bildungsangeboten über Lesungen und Konzerte bis hin zu kollaborativen Ausstellungsprojekten und Performances. Zentrale Idee dabei war von Anfang an die inhaltliche Erarbeitung einer Nutzung von und mit den Nachbar*innen.

Das Programm des Salon 53177 war bewusst nicht auf eine enge inhaltliche Korrespondenz zum Ausstellungsprogramm der Bundeskunsthalle ausgerichtet. Im Fokus standen primär die Themen des Stadtteils, wobei die Themen des Hauses wie Nachhaltigkeit und Diversitätsorientierung begleitend in die Gestaltung von Raum und Programm einflossen. Die Bad Godesberger*innen konnten im Salon 53177 ihre eigenen Projektideen umsetzen und wurden somit nicht als passive Rezipient*innen, sondern als aktive Partner*innen verstanden. Die Angebote sprachen insbesondere ein Publikum mit wenig Vorerfahrung im kulturellen Bereich an. Der Salon 53177 stand diversen Vereinen, sozialen und kulturellen Institutionen, Künstler*innen und Pädagog*innen zur Verfügung. Das Programm wurde in Zyklen von je drei Monaten immer wieder neugestaltet, um auf Ideen und Vorschläge der Stadtgesellschaft reagieren zu können. Es stand allen Menschen im Stadtteil offen und wurde kostenlos angeboten. Am 15. Juni 2024 fand im Salon 53177 mit dem Sommerfest eine letzte große Veranstaltung mit über 250 Besucher*innen statt. Gemeinsam mit Projektpartner*innen, Kolleg*innen, Nachbar*innen und Freund*innen wurden viele Monate voller besonderer Begegnungen und kreativem Austausch gefeiert.

Ort

Bad Godesberg – ein postmigrantischer Stadtteil mit vielen Perspektiven

Das Teil-Projekt „Salon 53177“ wurde im Bonner Stadtteil Bad Godesberg etabliert. Als ehemaliges Diplomatenviertel war Bad Godesberg eng mit der Bonner Republik verbunden. Gleichzeitig ist Bad Godesberg heute ein durch Migration stark geprägtes Stadtviertel: vor allem arabisch-, aber auch türkisch- und spanischsprachige Menschen leben hier – viele bereits in der zweiten Generation. Damit trifft in Bad Godesberg der Geist der alten Bundesrepublik auf die Realität der postmigrantischen Gesellschaft.

Mit dem Outreach-Projekt Salon 53177 hat sich die Bundeskunsthalle mitten unter diese diversen Stimmen und Perspektiven begeben, um von ihnen zu lernen. Diese Diversität des Publikums trug maßgeblich zu einer Wohlfühlatmosphäre des Raumes bei. Es gelang, Formate aufzubauen, in denen Menschen, die sich sonst im Stadtteil eher mit Skepsis begegneten, gemeinsam an Projekten arbeiteten. Der Salon 53177 wurde von der Stadtgesellschaft schnell als Kulturzentrum angeeignet.

Dass dies gelingen konnte, lag auch an der einladenden und modularen Gestaltung des Raumes. Der Projektraum wurde von dem Dortmunder Büro please don’t touch entworfen. Er hatte einen offenen Ateliercharakter. Die recycelten Holzplatten betonten den temporären und partizipativen Projektansatz, während die zahlreichen beweglichen Elemente den Raum für verschiedenste Formate nutzbar machten: Mit wenigen Handgriffen ließen sich Lesungen, Wohnzimmerkonzerte, Kreativ-Workshops, aber auch Bewegungsangebote sowie geschützte Gesprächsangebote vorbereiten und durchführen. Unser Ziel war es, einerseits den Raum ästhetisch und inspirierend zu gestalten, andererseits aber keinen vermeintlichen Designtempel zu schaffen, der überfordernd und exkludierend wirkt.

In seiner Bildsprache und im Corporate Design (CD) brach der Salon 53177 ganz bewusst mit dem CD der Bundeskunsthalle, um auch hier eine niedrigschwelligere Ansprache zu ermöglichen. Gemeinsam mit dem in Dortmund und Mannheim ansässigen Studio Brückner + Brückner wurde eine neue Marke im Stadtteil etabliert, die die Themen Stadt und Gesellschaft aufgriff. Verspielte Typos und kaleidoskopartige Motive trugen zur Wiedererkennung des Salon 53177 besonders bei. Das Studio hat zuletzt das partizipativ entwickelte Community-Zine grafisch gestaltet, mit dem sich das Projektteam von Bad Godesberg verabschiedet und sich für dessen Engagement bedankt.

Programm (Auszug)

Kontakt

Auch nach Projektende des Bad Godesberger Salons sind wir weiterhin bei Fragen und Anregungen zu erreichen. Hierfür steht Christian Cramer unter cramer@bundeskunsthalle.de oder 0228 9171 268 zur Verfügung.

Am Programm beteiligte Vereine und Träger

  • Fachbereich Bildende Kunst der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft
  • AWO Bonn/Rhein-Sieg
  • Bad Godesberg Stadtmarketing e.V.
  • Beethoven-Haus Bonn
  • Bonner Institut für Migrationsforschung und interkulturelles Lernen e.V.
  • Bürger.Bad.Godesberg e.V.
  • Deutsches Rotes Kreuz Betreuungsdienste Westfalen-Lippe/Zentrale Unterbringungseinrichtung ZUE Bonn
  • Diakonisches Werk Bonn und Region
  • EDGE Neuroscience & Art e.V.
  • Flüchtlingshilfe Bonn e.V.
  • Haus der Familie Bonn
  • Hubert-Peter-Haus
  • Kirchengemeindeverband Bad Godesberg
  • Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstellen Bonn Rhein Sieg für Menschen mit Behinderung mit Peer-Beratung
  • Kultur Verbindet e.V.
  • Künstlerisches Betriebs Büro der Stadt Bonn
  • LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
  • MakerSpaceBonn e.V.
  • Manaasil Lernwelten gGmbH
  • Netzwerk politik|atelier e.V.
  • Opposition Studios GmbH & Co. KG
  • Portrait Me
  • raumlaborberlin
  • Repair Cafés Bonn
  • Stadt Bonn
  • Theater Bonn
  • VAMOS Animation

Mediathek

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Salon 53177

Salon 53177

Rückblick und Ausblick

Von einem Salon in den nächsten

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Frühlingsfest

Frühlingsfest

Aus dem Stadtteil, für den Stadtteil

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Loomcycle

Loomcycle

Ein Projekt von raumlaborberlin

Verantwortliche

Salon 53177
Ein Outreach-Projekt der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Geschäftsführung
Dr. Eva-Christina Kraus, Oliver Hölken

Team des Salon 53177
Christian Cramer, Gönül Dibooglu, Niko Gäb, Susanne Gabler, Ravindra Murti unter der Leitung von Fiona Sprack

Der Quellennachweis ist eine Liste mit Einträgen, die jeweils ein auf dieser Seite verwendetes Bild beschreiben. Jeder Listenpunkt enthält den Namen des Urhebers und eine kleine Ansicht des dazugehörigen Bildes, das standardmäßig eingeklappt ist. Sie können die Liste aufklappen um die Bilder anzuzeigen.